Es hätte pathetischer kaum sein können. Nach etlichen Wochen grauster Hamburger Wetter-Grausamkeit hatte sich die Sonne doch mal wieder hervorgekämpft. Ein strahlend klarer November-Himmel eröffnete den 29.11.19 und der besagte Morgen erschien wie eine kleine Endorphin-Oase in der Hamburger Schietwetter-Depression. Ein bisschen so, als wollte Petrus uns mitteilen: „Heute macht sich Clara (= ‚die Strahlende‘) endlich auf den Weg zu euch.“ Da Clara bereits acht Tage drüber war, nahmen wir Petrus‘ Wink mit dem Zaunpfahl dankend an. Am 30.11.19 um 05:45 Uhr lag die kleine kerngesunde Clara tatsächlich das erste Mal in meinem Arm und wir schauten uns an wie Autos. Verliebt-verwirrte Autos 😉
Bevor ich von den nahezu lächerlich anmutenden Bürden des Mannes bei der Geburt berichte, möchte ich noch eines kundtun: meinen RESPEKT! Respekt vor der unfassbaren Leistung des weiblichen Körpers – biologisch und psychologisch – bei der Geburt eines Kindes. Tatsächlich erfasst mich sofortige Demut, wenn ich darüber nachdenke, was der weibliche Körper bei der Geburt für ein Wunder vollbringt.
Die Geburt für den Vater
Beginnen wir mal mit einer einfachen Wahrheit: Du wirst die Geburt deines Kindes, wenn du als Vater dabei bist, niemals vergessen. Das sollte für 99,9% der Papas gelten, da bin ich mir auch ohne große wissenschaftliche Erhebung sicher. Warum? Von jetzt auf gleich wird aus der fast schon fiktiven Gestalt, die im Körper deiner Frau über Monate herangewachsen ist, ein echter Mensch. Und diese neue Realität hältst du fleischgeworden auf dem Arm. Ein unfassbares Gefühl!
Nun… wie ist also die Geburt für den Mann? Eine echte Herausforderung auf mehreren Ebenen würde ich sagen. Besonders als „Mann der Tat“, wie ich mich mal ganz selbstbewußt betiteln würde, sollte man bei der Geburt seines Kindes ganz schnell akzeptieren: Du bist heute zu 100% Erfüllungsgehilfe. Nichts anderes. Dein Ego und einen großen Teil deiner persönlichen Befindlichkeiten lässt du am Tag der Geburt besser direkt zuhause. Für einen Tag im Leben sollten wir das alle verschmerzen können, auch ich.
Daher lautete „Herausforderung“ eins für mich bei der Geburt:
- Erlange mit “Hey Papa” in kürzester Zeit das notwendige Wissen, um auf das Papawerden und -sein vorbereitet zu sein
- Werde schnell und leicht zum Baby-Profi mit unseren Infos zur Säuglingspflege
- Erfahre wie du deine Partnerin am Besten in der Schwangerschaft, Geburt und im Wochenbett unterstützen kannst
- Die Kosten für den Hey Papa Kurs werden bereits von einigen Krankenkassen in voller Höhe übernommen
Akzeptiere deine Rolle. Akzeptiere deine Machtlosigkeit.
Das klingt total banal, ist es aber nicht. Jedes Mal, wenn deine Frau laut aufschreit, weil wieder für einige Minuten eine Wehe einsetzt, willst du etwas tun. Ihr helfen, den Schmerz lindern. Irgendwie. Aber du kannst ihr in dieser Hinsicht nicht helfen. Akzeptiere das. Ebenso steht fest: Niemand braucht im Krankenhaus einen nervösen Typen, der durch den Kreißsaal jagt und seine Frau, Ärzte und Hebammen kirre macht. Im besten Fall bist du sogar das Bindeglied zwischen Hebamme, deiner Frau und Ärzten.
Keine Panik vor der Geburt
Daher sah ich es als meine Aufgabe bei der Geburt, den minimalen prozentualen Anteil, mit dem ich einen angenehmen Einfluss auf die Geburt meiner Frau nehmen konnte, voll auszuschöpfen. Sehr spannend war dabei auch die Frage: Was möchte ich eigentlich auf meine Frau ausstrahlen, während sie leidet? Mein Ziel war es, ihr unaufgeregter ruhiger Fels in der Brandung zu sein. Egal, ob ich mich so auch tatsächlich gefühlt habe oder nicht. Dieses Vorhaben ist mir meines Erachtens auch ganz gut gelungen: Ich habe in Zuge der Geburt einfach viel häufiger die Klappe gehalten als sonst. Weniger ist manchmal wirklich mehr 😉
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Papa mit Baby. Claras Dad ist offiziell Claras Dad 🙂
Damit will ich Männern bei der Geburt allerdings keineswegs einen Passivitäts-Freifahrtschein ausstellen. Nein, vielmehr geht es mir darum, herauszustellen, wie wichtig es war die kleinen verabredeten Dinge mit meiner Frau verbindlich einzuhalten. Dienst nach Vorschrift quasi. Will heißen: Spiele die Musik im Kreißsaal ab, die vorab besprochen wurde. Schreib den Schwiegereltern mal eine Nachricht, wie es gerade so aussieht. Hab die Müsliriegel mit Bananen- und nicht Schoko-Geschmack dabei. Platzier dich während der Geburt genau dort, wo ihr es besprochen habt im Kreißsaal. Spring auch einfach mal ganz ungewöhnlich schnell auf und eile zum Bett, wenn deine Frau eine Gehhilfe braucht. Lange Rede, kurzer Sinn: Tu einfach mal exakt das, was deine Frau von dir verlangt. Nicht mehr. Und nicht weniger.
Sei ein Fels in der Brandung
Einige Dinge gingen mir leicht von der Hand (z.B. „Schatz, bitte keine dummen Sprüche oder Widerrede“), andere wiederum schwerer (z.B. „Lass mich auch einfach mal in Ruhe, während ich Schmerzen habe“). Besonders kurios wurde Letzteres übrigens, als die Krankenschwester mich während der Geburt sogar noch dazu aufforderte, meiner Frau doch Mut zuzusprechen. Habe ich trotzdem gelassen. Und das war in unserem Fall auch gut so, meine ich.
Am Ende der 26 Stunden Wehen war ich selbst als Erfüllungsgehilfe total müde, fertig, ausgepumpt und mein T-Shirt ein Wischlappen. Das spielte aber alles keine Rolle mehr. Klein Clari lag in meinem Arm und ich wußte schon in diesem Moment, dass ich diesen Moment niemals in meinem Leben wieder vergessen werde. Du, Mama und ich: Wir haben ein neues Level erreicht. Und ich habe meinen kleinen Anteil, der mir möglich war, eingebracht.
Meine Top-3-Tipps zur Geburt für werdende Väter:
- Ruhe bewahren (und ausstrahlen)
- Akzeptiere deine Rolle und deine Machtlosigkeit
- Halte dich an Absprachen
+ Halt auch gerne deine Klappe etwas häufiger als sonst 😉
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