Wie Berliner Gründer aus Südafrika arbeiten | Keleya.de

Wie Berliner Gründer aus Südafrika arbeiten

Screenshot Artikel Gründerszene

📖 Das erwartet dich im Artikel:

Kapstadt erinnert gerade an ein zweites Berlin. Zahlreiche Personen aus der
Gründerszene treffen dort aufeinander, um miteinander in der Sonne zu arbeiten. Ein
neuer Remote-Work-Trend.

Von Deutschland nach Kapstadt dauert es ungefähr zwölf Flugstunden. Zwölf Stunden, die
komplett die Realität verändern. Berlin ist im Januar grau und kalt, ein Grad Celsius bei
Schneeregen. Kapstadt auf der anderen Seite der Erdkugel hat Sommerwetter: 26 Grad
Celsius, windig, aber warm. Ein Grund, weshalb es zahlreiche Unternehmerinnen,
Investoren und auch Startup-Mitarbeitende derzeit in die südafrikanische Großstadt zieht.

Viele bleiben wochenlang am Kap der Guten Hoffnung. Auf Linkedin, wo sonst jeder
Gedanke und jeder Karriereschritt öffentlich geteilt wird, berichten allerdings nur wenige
von ihrem Vorhaben. Tipps, wie man am besten aus Südafrika remote arbeitet oder eine
Firma führt, finden sich kaum. Stattdessen teilen die Teilzeit-Auswanderer ihre Eindrücke
auf Instagram, halten die Reise lieber privat.

„Ich war beeindruckt, wie viele Berliner hier sind“

Thomas Bachem, Chef der Gründerhochschule Code hat seinen Jahresauftakt in Südafrika
verbracht. Chanyu Xu ist dort, Chefin des Nahrungsergänzungsmittels Her1, die
Likeminded-Gründerin Kimberly Breuer und auch Foodist-Macher Alexander Djordjevic ist

nach dem Exit erst einmal gen Süden gereist. Auch bekannte Szeneköpfe wie Cherry-
Partner Filip Dames oder Wefox-Gründer Julian Teicke zieht es mit ihren Familien

regelmäßig dorthin. Teickes Venture-Arm The Delta hat sogar seinen Sitz in Kapstadt.

Kapstadt eigne sich gut zum Arbeiten, da die Zeitverschiebung gering ist, sind sich alle
einig. Die Metropole ist der deutschen Zeit nur eine Stunde voraus. Die Sonne geht früher
auf und später unter als im grauen Berlin. Da die südafrikanische Großstadt am Meer liegt, können Gründer und Investorinnen in ihrer Freizeit kiten oder außerhalb in den Bergen wandern.

Und noch einen Pluspunkt nennt etwa Tom Bachem, der gerade erneut vier Wochen in

Südafrika verbracht hat: „Ich war beeindruckt, wie viele Leute aus der Berliner Startup-
Szene hier sind. Ich habe viel mehr netzwerken können als in Berlin.“ Die meisten Personen

aus der Startup-Szene würden sich gemeinsam in großen Häusern einmieten und daraus
einen privaten Coworking-Space errichten, erzählt er. Mal zu fünft, mal mit 20 Personen
samt Kindern. Bachem etwa habe in einer Villa mit acht Freunden gewohnt.


„Wie in einer Kommune“

„Man hat ein anderes Leben als in Berlin“, berichtet auch Victoria Engelhardt, die seit
mehreren Jahren in Kapstadt überwintert. Engelhardt hat 2017 Keleya gegründet, eine
App für schwangere Frauen und Mütter. Man bewege sich in Kapstadt „wie in einer
Kommune“. Schon allein, weil so viele Menschen wochenlang in einer riesigen WG wohnen.
Es gebe verschiedene Whatsapp-Gruppen mit deutschen Investoren und Gründerinnen,
mit teils über 150 Mitgliedern. Jede Woche lade eine andere Gruppe in ihr Haus ein, um
eine Poolparty zu feiern oder einen Grillabend zu veranstalten.

„Gefühlt kommen jedes Jahr mehr Menschen aus der Gründerszene hierher“, sagt
Engelhardt. Vor allem seit der Corona-Pandemie, wordurch das remote Arbeiten erst zur
Normalität geworden ist. Das bestätigt auch Bachem, der 2021 zum ersten Mal nach
Kapstadt gereist ist. Es spreche sich herum, dass die Berliner in Südafrika überwintern, sagt
er. Dadurch wollen immer mehr dem Trend folgen. Die meisten kämen für einen Monat.

Laut Engelhardt gibt es jedoch auch mehrere Gründer und Investoren, die noch länger
bleiben. Darüber reden wolle allerdings keiner öffentlich – aus Angst vor Problemen mit
der Steuer oder Versicherung.

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Auswirkungen auf die Zusammenarbeit habe die winterliche Deutschlandflucht nicht,
sagen einige Daheimgebliebene, mit denen Gründerszene gesprochen hat. Oftmals merke
man gar nicht, dass der Gesprächspartner im Videocall nicht in Berlin sitzt. Dennoch
herrscht Kritik: Der Apartheid, also der strikten Trennung zwischen Weißen und
Schwarzen Bürgern, wurde in Südafrika zwar in den 1990ern ein Ende gesetzt.
Diskriminierung und damit einhergehend eine hohe Arbeitslosigkeit sowie Kriminalität
gibt es jedoch immer noch.

Wohlhabende westliche Touristen kommen daher in Gated Communities unter, fahren viel
mit dem Taxi umher – vor allem nach Einbruch der Dunkelheit – und können sich nur in
bestimmten Stadtvierteln frei bewegen, zudem selten allein. Dieses Politikum zu fördern,
halten einige für falsch. Den Kapstadt-Nomaden sei das Thema bewusst, sagen sie.

„Natürlich ist das Land unsicher, mir persönlich ist aber noch nichts passiert“, sagt Keleya-
Gründerin Engelhardt. Auch Code-Chef Bachem habe sich vorab viel damit auseinandergesetzt, vor Ort sei man allerdings in seiner Blase und merke nichts, sagt er.
Und dem Trend, wochenlang aus Kapstadt heraus zu arbeiten, würde es ohnehin nicht entgegenwirken.

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Quelle

Erschienen im Januar 2023 in Business Insider

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