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Das Mutterbild: Gute Erziehung ohne gute Vorbilder?

mutterbild

Das erfährst du in diesem Artikel:

Von der bösen Hexe zur Super-Mama?

Große Ziele lassen sich leichter erreichen, wenn man Vorbilder hat: Wer berühmt werden will, richtet sich nach Beyoncé und Madonna. Wer Unmögliches erreichen will, hält sich an Chuck Norris. Doch wer sind die Vorbilder, wenn es darum geht, eine gute Mutter zu sein?

Wenn man sich in Literatur und Geschichte umsieht, haben Mütter nicht den besten Ruf: In Märchen und Sagen tauchen sie als Horrorfiguren auf und auch historisch sind keine guten Vorbilder dokumentiert. Doch liegt das tatsächlich daran, dass es nie gute Mütter gab? Oder ist der Grund vielmehr im zeitlichen Wandel des Frauenbildes zu suchen? Und falls ja: Wie sieht es in der Gegenwart aus?

Die Geschichte eines Frauenbildes

Heute gilt offiziell das Prinzip der Gleichberechtigung: Frauen müssen nicht mehr zwangsweise als stilles Heimchen am Herd verschwinden.

Gesellschaftliche Normen existieren in der westlichen Kultur von heute zwar noch in Form von Vorurteilen und schiefen Blicken, aber nicht mehr in Form von unüberwindbaren gesetzlichen Regelungen. Anders gesagt: Frauenpower macht Selbstverwirklichung möglich, und dabei stehen von Kind bis Karriere alle Wege zur Auswahl. Bis ins 19. Jahrhundert hinein war diese Art von Entscheidung, aufgrund des damaligen Gesellschaftsmodells, undenkbar.

Die „miesen“ Mütter des Mittelalters

Vor dem 19. Jahrhundert galten Kinder nicht als Zentrum der (Familien-)Welt: Familienoberhaupt und Entscheider war der Vater. Kinder wurden aufgrund mangelhafter Empfängnisverhütung eins nach dem anderen geboren, starben oft früh und dienten bei Überleben als Hilfskräfte in Haus und Hof.

Dementsprechend „minderwertig“ war auch die Rolle der Frau als Mutter: Sie diente als Gebär- und Aufzuchtmaschine – Erziehung und Liebe werden sicher vorhanden gewesen sein, spielten aber offiziell keine Rolle.

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Kinder als Mittel zum Zweck

Anders als heute galten Kinder nicht als „kleine Wunder“ – nicht einmal bei den Adelsgeschlechtern, wo sie für den Fortbestand der Familienlinie sorgten und durch vorteilhafte Hochzeiten wertvolle Verbindungen knüpfen mussten. Entsprechend grausam erscheinen die wenigen Überlieferungen, wenn statt des Vaters plötzlich die Mutter über das (politische) Wohl und Werden ihrer Kinder entscheiden musste:

  • Die Königin von Frankreich Isabeau de Baviere (1370-1435) stellte ihren Sohn, der sie für ihren verschwenderischen Lebensstil oft kritisierte, offen bloß: Sie erklärte ihn, den Dauphin, zum unehelichen Sohn und verstieß ihn so kurzerhand aus der offiziellen Thronfolge.
  • Auch die Habsburgerin Maria Theresia (1717-1780) hatte bei der Vermählung ihrer Tochter Marie Antoinette mit dem französischen König Ludwig XVI. nur eine einzige Sorge – nämlich ihre eigene Reputation: „Seien Sie gut zu dem französischen Volk, damit man sagen kann, ich hätte ihm einen Engel geschickt.”

Waren sie deswegen miese Mütter? Nein. Zumindest nicht für ihre Zeitgenossen: Hier galten sie schlimmstenfalls als Intrigantinnen oder tyrannische Herrscherinnen – den Ruf der schlechten Mutter erhielten sie erst viel später.

Der Wandel im 19. Jahrhundert

Während der Biedermeier-Epoche (1815-1848) findet der Rückzug ins private Idyll statt: Es entsteht ein Trend zur häuslichen Gemütlichkeit mit einem gesteigerten Interesse an Innenarchitektur und Hausmusik. Auch das bürgerliche Familienbild wird angepasst: Die Kinder rücken in den Mittelpunkt. Erstmals wird sich mit der Einrichtung von Kinderzimmern beschäftigt, es wird Literatur zum Thema Erziehung verfasst und statt der Miniatur-Erwachsenenkleidung trägt der Nachwuchs eigens für ihn angefertigte Kindermode.

Auch die Frauenrolle wird nun entsprechend (und nach heutigen Begriffen) „mütterlich“ idealisiert. Unterstützt von Kindermädchen, Köchin und Amme widmet sich die ideale Bürgersfrau dem Haushalt und der Erziehung. Mütter gelten nun ausnahmslos als fürsorglich, beschützend und liebevoll.

Her mit den bösen Stiefmüttern!

Wie tiefgreifend diese Änderung ist, zeigen die verschiedenen Versionen der Märchen der Gebrüder Grimm: Während in den Erstfassungen (erschienen 1812/1815) die Mütter sowohl gute als auch böse Rollen übernehmen, sind die „bürgerlichen“ Märchenentwürfe von 1865 wesentlich einfacher gestrickt: Gute Mütter sind tot, böse sind nur die Stiefmütter. Und die haben es in sich:

  • Aschenputtel wird nach dem Tod ihrer frommen und guten Mutter von der Stiefmutter und ihren zwei Töchtern tyrannisiert.
  • Hänsel und Gretel werden auf Betreiben ihrer Stiefmutter im Wald ausgesetzt.
  • Schneewittchen wird von ihrer Stiefmutter für ihre Schönheit beneidet und soll deswegen getötet werden.
Eine gute Mutter sein

Zusammenbruch zwischen Ideal und Erwartung

Während die Gebrüder Grimm seit Generationen überlieferte Märchen sammelten, spiegelt die zeitgenössische Literatur das neue Frauenbild nicht nur durch oberflächliche Anpassung der Familienverhältnisse. Hier wird auch das Scheitern an den idealisierten Erwartungen der Gesellschaft thematisiert:

  • In Flauberts Roman will Emma Bovary (1857) eigentlich nichts anderes sein als eine treu liebende Ehefrau und Mutter – doch die Unzulänglichkeit ihres Hausfrauenlebens treibt sie in Affären und schließlich in den Selbstmord.
  • Auch Fontanes Effie Briest (1896) geht in ihrer Verbindung mit dem doppelt so alten Baron Innstetten an ehelicher Vernachlässigung und dem daraus entstehenden Leid zugrunde.
 
Was kann ich tun, wenn ich meine Erwartungen nicht erfüllen kann?
Es ist gar nicht mal so einfach, sich von seinen Mutteridealen zu lösen. Schließlich möchte man alles möglichst perfekt machen. Doch auf Dauer kann das auch zu Stress und Belastung führen. Ein Gespräch mit einer Vertrauensperson kann helfen, einen gesunden Umgang mit den eigenen Idealen und der Realität als Mutter zu finden. Unsere keleya Expertin und Psychologin Anna hilft frischgebackenen Mamas dabei, sich in ihrer neuen Rolle einzufinden und von unrealistischen Erwartungen und Meinungen frei zumachen. In unserer Online-Beratung kannst du mit ihr über alle Fragen und Unsicherheiten sprechen. Jetzt flexibel einen Termin finden.
 

Weg vom Ideal? Das Frauenbild im 21. Jahrhundert

Der Wandel von der Gebärmaschine zur liebenden Ehefrau und „heiligen“ Mutter ging nicht reibungslos vonstatten: Zu hohe Erwartungen von Seiten der Gesellschaft und von Seiten der Frauen selbst führten nicht nur in den Romanen zu Verwirrung. Kein Wunder: Schließlich gab es – außer idealistisch verklärter Literatur – keine Leit- oder Vorbilder, an die Frauen sich hätten halten können.

Wie sieht es heute damit aus? Laut Gleichberechtigung können und dürfen Frauen inzwischen alles. Nimmt man dann noch die feministische Frauenpower-Einstellung dazu, dürfen sie es nicht nur, sondern sollen es quasi sogar: Kinder und Karriere sind längst nicht genug; auch Selbstverwirklichung muss sein!

Dass Frauen alle Rechte besitzen, löscht mögliche Ängste jedoch mitnichten aus: Was in den Märchen jahrhundertelang an Böse-Mutter-Mythen getriggert wurde, lässt sich nicht einfach vom Tisch wischen. Besonders das Thema Vernachlässigung ist ein Dauerbrenner – doch ist die überfürsorgliche „Helikopter-Mutter“ die einzige Alternative zur sprichwörtlichen Rabenmutter?

Moderne Mütter dürfen chaotisch sein

Moderne „Frauen-“Literatur und -Filme zeigen gern die Chaosmama: Sarah Jessica Parker rennt in „Der ganz normale Wahnsinn – Working Mum“ (2011) ihrem Familien-Zeitplan hinterher und in „Bad Moms“ (2017) zelebriert Mila Kunis das Versagen als ideale Mutter.

Ist das tatsächlich „nur“ Unterhaltung? Oder zeigt diese Art des Entertainments zwischen Klamauk und Schenkelklopfern auch auf, dass Muttersein nichts mit Perfektion zu tun hat? Möglich. Denn neben dem Typus des unterhaltsamen Katastrophenweibchens existieren auch andere Lebensentwürfe:

  • Marge Simpson ist in der Zeichentrickserie „Die Simpsons“ nicht nur Vollzeitmutter für ihre drei so unterschiedlichen Kinder: Sie probiert auch immer wieder neue Berufe aus, entdeckt eigene Begabungen und lebt sie (oft sogar gegen den Widerstand der Familie) aus, ohne ihrem Nachwuchs oder Ehemann die Zuneigung zu versagen.
  • Michelle Obama ist sogar leuchtendes Vorbild einer ganzen Mädchengeneration – als gleichberechtigte Partnerin, schöne Feministin im vollen Bewusstsein ihrer Weiblichkeit und als Mutter ebenso selbstbewusster Mädchen.

Kurz: Es gibt vielleicht (noch) keine Vorbilder, aber es gibt Hoffnung. Und die beginnt damit, sich als Frau und als Mutter eigene Wege und eigene Prioritäten zu suchen. Jeder kann sich selbst Vorbild und Leitfaden sein: Ein sicheres Gespür für die eigene Zufriedenheit, die eigenen Ziele und das eigene Glück, sind dabei der beste Kompass. Und das alles ist gar nicht so egoistisch, wie die Biedermeier-Mutti in uns selbst uns manchmal glauben machen will.

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